Im Verlauf der Schwangerschaft entwickelt sich die Zygote (=befruchtete Eizelle) zum reifen Fetus (=Ungeborenen). Dabei wird ein Entwicklungsprogramm von der Anlage über Differenzierung bis zur Reifung der Organe durchlaufen. Innere als auch äußere Faktoren können Einflüsse darauf nehmen und Abweichungen von diesem verursachen. Einige dieser Abweichungen zeigen sich in Form von Fehlbildungen, sonographische Veränderungen (=Ultraschallmarker oder Softmarker) und/oder Entwicklungsstörungen, welche vorgeburtlich (=pränatal) sonographisch festgestellt werden können.
Die Aussagekraft der Sonographie (=Ultraschalluntersuchung) hängt vom Untersuchungszeitpunkt bzw. Entwicklungstand der Organe, Untersuchungsbedingung, Gerätenqualität, Sorgfalt und Erfahrung des Ultraschalldiagnostikers ab. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren können bis zu 90% der vorgeburtlich erkennbaren Fehlbildungen und sonographischen Veränderungen mit Hinweise auf Erkrankungen und Entwicklungsstörungen festgestellt werden. Es können daher nicht immer alle Fehlbildungen und sonographische Veränderungen erkannt werden. Denn derzeit sind ca. 30-35% der bislang bekannten Erkrankungen gut erforscht. Der Großteil der Krankheiten von ca. 65-70% sind von unbekannten Ursachen. Insbesondere sind nicht alle Erkrankungen pränatal (=vorgeburtlich) sonographisch feststellbar.
So sind alle Organe zum Zeitpunkt der frühen Feindiagnostik in der 13. SSW bis 14. SSW angelegt, aber noch nicht voll entwickelt. Der Fetus (=ungeborenes Kind) misst in dieser Zeit vom Scheitel bis zum Steiß lediglich 50mm bis 80 mm, daher können „nur“ schwerwiegende Fehlbildungen ausgeschlossen bzw. festgestellt werden. Zur „großen“ Feindiagnostik misst der Fetus 25cm bis 30cm vom Scheitel bis zur Ferse. Fast alle Organe (z.B. bis auf das Gehirn, Leber, Lunge etc.) sind in diesem Zeitpunkt funktionell ausdifferenziert und strukturell gut darstellbar. Aus diesem Grunde ersetzt die frühe Feindiagnostik im Ersttrimester nicht die „große“ Feindiagnostik im Zweittrimester.
Auch nach einer unauffälligen „großen“ Feindiagnostik kann sich der Gesundheitszustand des Ungeborenen bis zur Geburt hin immer noch verändern. Dies gilt vor allem für Organe, deren Entwicklung zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist wie z.B. die des Gehirns. So bildet sich bspw. ein „später“ Hydrocephalus (=„Wasserkopf“) erst nach der 24. SSW aus, welcher zum Zeitpunkt der „großen“ Feindiagnostik nicht vorhanden war. Es wird daher eine feindiagnostische Kontrolle einschließlich der Farbdopplersonografie im Dritttrimester empfohlen, insbesondere beim Vorliegen von Risikofaktoren, welche Fehlbildungen oder Entwicklungsstörungen begünstigen. Der regelmäßige Wachstumschall im dritten Trimenon erlaubt die Feststellung einer fetalen Hypotrophie/ Wachstumsretardierung ( ein zu leicht gewichtiges Kind) als auch einer fetalen Makrosomie / Hypertrophie ( ein für das Schwanherschaftalter zu großes oder schweres Kind). Eine spät im Dritttrimenon einsetztende Wachstumsretardierung und Plazentainsuffizienz ab 30. SSW kann ohne den Wachstumsschall bzw. die Sonographie nicht festgestellt werden.
Unter ungünstigen Untersuchungsbedingungen wie Narben oder dicke Bauchdecke der Schwangeren, ungünstige Kindslage, geringe Fruchtwassermenge oder Streuung der Ultraschallwellen durch Ölen, Lotionen und Cremen auf der Bauchdecke können die Beurteilung und Aussagekraft der Sonographie eingeschränkt sein.
Ein unauffälliger Ultraschallbefund stellt daher keine Garantie für die Geburt eines gesunden Kindes dar, denn viele Erkrankungen verursachen weder erkennbaren anatomischen Fehlbildungen noch Veränderungen, sondern eine Störung im biochemischen Stoffwechsel bzw. diese Veränderungen manifestieren sich erst im Kleinkind-, Jugend- oder Erwachsenenalter und sind deswegen vorgeburtlich sonographisch nicht feststellbar. Auch mild ausgeprägte Trisomie 21, 18 oder 13 oder diese in einer Mosaikform können aufgrund fehlender Ultraschallauffälligkeiten sonographisch nicht erkannt werden.
Jedoch kann die Diagnose bzw. ein Ausschluss bestimmter Erkrankungen durch eine genetische und/oder biochemische Analyse plazentarer und/oder fetale Zellen bzw. Chromosomen/DNA
erfolgen. Hierzu sind invasive Eingriffe wie (1) Chorionzottenbiopsie (Mutterkuchenpunktion) in der 12.-14. SSW oder (2) Amniocentese (Fruchtwasserpunktion) ab 16. SSW notwendig. Alternativ kann zur Feststellung einer Trisomie 21, 18 oder 13,
eines Turner-Syndroms und eines DiGeorge-Syndroms die nicht invasive pränatale Diagnostik (NIPD) herangezogen werden.
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