Das Präeklampsie-Screening im 1. Trimester
Was ist eine Präeklampsie? Welche Symptome hat sie und wie häufig kommt sie vor?
Unter einer Präeklampsie versteht man eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung, welche mit einem schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck und einer weiteren Organmanifestation einhergeht. Früher wurde sie auch als Schwangerschaftsvergiftung oder EPH-Gestose bezeichnet. Eine mütterliche Organbeteiligung liegt vor, wenn sich eine der folgenden Symptome manifestiert. Diese sind 1) die Proteinurie (= Eiweißausscheidung im Urin), 2) Ödeme (= Wassereinlagerung in Geweben), 3) eine Niereninsuffizienz mit Serumkreatinin >90 µmol/l, 4) Leberfunktionseinschränkung mit einem 2-fachen Transaminasenanstieg und/oder Oberbauchschmerzen, 5) hämatologische Störung mit einer Trombozytopenie <150000/dl (= niedrige Blutplättchenzahl) und Gerinnungsstörung oder Hämolyse (= Auflösung der roten Blutkörperchen), 6) neurologische Symptome wie Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Blindheit, Schlaganfall oder Krämpfe und 7) kindliche Wachstumsstörung (= zu kleines oder leichtes Kind).
Circa 3% bis 7% aller Schwangeren entwickelt eine Präeklampsie nach der 20. Schwangerschaftswoche. Man spricht von einer frühen Präeklampsie, wenn sie vor der 34. SSW auftritt. Eine späte Präeklampsie entwickelt sich nach der 37. SSW auf.
Wodurch wird eine Präeklampsie verursacht?
Eine Präeklampsie entsteht bei einer unzureichenden Anpassung des mütterlichen Organsystems an eine Schwangerschaft. Die Ursache liegt in einer gestörten Trophoblasteninvasion in der Frühschwangerschaft. Darunter versteht man eine Fehlentwicklung des Gefäßsystems des Mutterkuchens in die Gebärmutter, wodurch die Spinalarterien nicht ausreichend in die Decidua (= Gebärmutterschleimhaut während der Schwangerschaft) und das Myometrium (= glatte Muskulatur der Gebärmutter) einwachsen. Zusätzlich unterbleibt die Gefäßumgestaltung der kleinen Spiralarterien zu großlumigen Gefäßen. Insgesamt kommt es dadurch zu einer Erhöhung des Gefäßwiderstands in den Blutgefäßen der Gebärmutter, welche mittel der Dopplersonographie (= Blutdurchflussmessung) messbar ist. Eine Erhöhung des Gefäßwiderstand in den Blutgefäßen der Gebärmutter hat eine reduzierte Durchblutung des Mutterkuchens zur Folge. Diese führt zur reduzierten Versorgung des Ungeborenen, wodurch eine Wachstumsrestriktion (=Wachstumsstörung) oder sogar eine Totgeburt verursacht werden kann.
Welche Risikofaktoren erhöhen das Risiko für die Entwicklung der Präeklampsie?
Bei den folgenden mütterlichen Merkmalen kann das Risiko für Auftreten einer Präeklampsie hoch sein. Das sind die erste Schwangerschaft, Zwillings-/Mehrlingsschwangerschaft, Präeklampsie bei einer früheren Schwangerschaft, Verwandte mit Präeklampsie, Adipositas (=Fettleibigkeit), BMI > 30, Bluthochdruck oder Blutgefäßerkrankung, Diabetes oder Schwangerschaftsdiabetes, Lupus erythematodes (= rheumatische Erkrankung) und Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom (= eine Blutgerinnungsstörung).
Wie kann die Präeklampsie behandelt werden?
Die Behandlung der Präeklampsie beinhaltet neben der Stressreduzierung, körperlichen Schonung, Bettruhe und einer salzarmen Ernährung, die Medikation des Bluthochdrucks durch Antihypertensiva (=Blutdrucksenker) und die Verordnung von Magnesiumsulfat zur Verhinderung oder Hemmung von Krampfanfällen. Bei einer schweren Präeklampsie wird die Schwangere in ein Krankenhaus eingewiesen und überwacht, wo über die Art und der Zeitpunkt für eine (vorzeitige) Entbindung entschieden werden. Meist erfolgt die Entbindung durch einen Kaiserschnitt.
Wie berechnet sich der Risikowert für eine Präeklampsie?
Als Grundlage der Wahrscheinlichkeitsberechnung für eine Präeklampsie wurde das Bayes-Theorem (= Satz von Bayes für bedingte Wahrscheinlichkeit) angewendet. Dabei
werden die Charakteristika der Schwangeren und die Ergebnisse der Anamnese mit dem mittleren arteriellem Druck aus dem beidseitigen Blutdruck und dem Gefäßwiderstand der Gebärmutterarterien
kombiniert. Ein Risiko größer/gleich 1:100 gilt als erhöht, damit ist die Entwicklung einer Präeklampsie wahrscheinlich. Eine medikamentöse Prophylaxe zur Verhinderung einer Präeklampsie ist
damit notwendig. Circa 80 % bis 90 % der Schwangeren, die eine Präeklampsie entwickeln, können mit dieser Risikokakulation identifiziert werden. Die Risikoberechnung erfolgt mittels einer von der
FMF-London zertifizierten
Software.
Wie kann eine Präeklampsie vorgebeugt werden?
Ziel des Präeklampsie-Screenings ist die Identifizierung der Schwangeren mit einem erhöhten Risiko (> 1:100) zur Entwicklung einer Präeklampsie vor der 34. SSW
und vor der 37. SSW. Durch die tägliche Einnahme von niedrig dosiertem Asperin von 150mg bis zur 36. SSW kann die frühe Präeklampsie zu 62% bis 82% verhindert werden. Die Aspirin-Prophylaxe
sollte vor der 16. SSW begonnen werden, um einen wirksamen Effekt zu erreichen.
Das Präeklampsie-Screening wird im Rahmen der frühen Feindiagnostik/Ersttrimester-Screening durchgeführt.